28.02.2018

Digitalisierung im Vertrieb - Gastbeitrag bei Verkauf Schweiz

Digitalisierung ist in aller Mund und ist nicht mehr wegzudenken aus der täglichen Arbeit. Treiber dazu sind letztlich wir – die Endkunden, die mit verändertem Nutzerverhalten und der Erwartung nach kostengünstigen Lösungen die Unternehmen immer wieder herausfordern, neue Lösungen zu finden. 

Doch - was genau ist Digitalisierung? 

In seiner ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Digitalisierung“ wurden z.B. analoge Prozesse digitalisiert, denn damit wurden Effizienz und Standardisierungsziele verfolgt. Doch daraus haben sich weitere Folgeerscheinungen ergeben: angelehnt an Prof. Dr. Komus Definition bedeutet Digitalisierung auch eine ständige Anpassung an den Markt und ebenso an die Kundenwünsche. Und das auf verschiedenen Ebenen – anbei ein paar Beispiele zur Verdeutlichung: 

  • Digitale Produkte und Services: Beispiel dafür sind Running-Apps, die z.B. von Nike oder Adidas angeboten werden. Damit werden bisherige Produkte wie Laufschuhe um weitere digitale Services ergänzt. Damit erfolgt eine Differenzierung zum Wettbewerb. 
  • Digitale Prozesse und Entscheidungen: Dazu ein Beispiel von Amazon: Sobald ein Kunde sich ein Produkt auf der Website ansieht, werden weitere dazu passende Verkaufsvorschläge und auch die entsprechenden Kundenrezensi-onen eingeblendet. Dahinter stehen Algorithmen und deren Entscheidungsprozesse. 
  • Digitale Geschäftsmodelle: Fast alle Plattformen sind Beispiel dafür: Sei es Airbnb, ebay, Uber etc. Ihnen allen ist es gemeinsam, dass sie Belange der Käufer und Verkäufer mit Hilfe der Plattform zusammenbringen und die Prozesse entsprechend sicher und effizient abwickeln. 

 

Prof. Dr. Komus definiert Digitalisierung folgendermaßen: 

„Digitalisierung bedeutet die kontinuierliche Überarbeitung und Neuausrichtung der Produkte nach den Spielregeln eines immer schnelleren und globaleren Marktes. Die Früchte der Digitalisierung in Form digitalisierter Produkte und Geschäftsmodelle kön-nen nur dann geerntet werden, wenn die Voraussetzungen geschaffen wurden. Diese umfassen neben einer digitalen Unternehmenskultur mit agilen Methoden, digitalen Fähigkeiten und Werten als grundlegendstes Element Digitale Prozesse, Informationen und Dokumente.“ 

(Quelle:  Vgl. d.velop, Branchenatlas digitale Transformation, 2015, S.4.)

 

Daneben bedeutet Digitalisierung auch, dass Geschäftsmodelle und Produkte sich immer schneller wandeln im Sinne einer Digitalen Transformation: Wer hätte gedacht, dass Plattformen wie Uber oder Airbnb einen solchen Einfluss auf die bestehenden Geschäftsmodelle hat und diese teilweise aushebelt? Vermutlich zu Beginn nicht allzu viele. 

Wen betrifft die Digitalisierung?

Digitalisierung betrifft uns alle, denn diese schafft neue Märkte, neue Geschäftsmodelle, neue Produkte und Services, neue Stellenbeschreibungen und damit auch eine ständige wirtschaftliche Neuorientierung. 

Und das sowohl aus privater oder als auch aus geschäftlicher Sicht: Im privaten Umfeld nutzen wir z.B. zur täglichen Kommunikation die Services der digitalen Plattformen wie WhatsApp oder Facebook. Doch diese etablierten Plattformen sind auch für den Verkauf zunehmend interessanter. Denn mit Hilfe von gezielten Online Marketings und Data Mining werden neue Kundengruppen erschlossen, auf die es vorher keinen Zugriff gegeben hat. Dazu ein Beispiel: Falls ein Unternehmen bereits einen Facebook-Account nutzt und Kunden als Follower hat, kann es Kundenprofile erstellen. Sobald das entsprechende Kundenprofil definiert ist, werden weitere Daten von anderen Nutzern mit in einen Topf geworfen und sozusagen „potentielle Zwillings-Kunden“ mit dem gleichen Profil erstellt. Diese werden dann gezielt mit Werbung angesprochen. Klicken sie dann auf den Link der Unternehmenswebsite, kann im Anschluss die Click-Conversion-Rate gemessen werden. Und das ist nur ein Beispiel, wie neue Leads generiert werden, die dann an den Vertrieb übergeben werden.

Doch - was heißt das denn nun für den Vertrieb?

Wie bereits angedeutet, sind die Treiber der Digitalisierung die Endkunden, deren verändertes Nutzerverhalten und deren Erwartung an niedrige Kosten die Anbieter dazu herausfordern, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Damit haben die Kunden in den letzten Jahren stetig an Einfluss gewonnen: während früher das Marktangebot durch die Produzenten und Dienstleister bestimmt wurde, ist es heute die Kundennachfrage. Daraus abgeleitet sind auch die Methoden, die die Kundensicht primär und sehr strikt im Fokus haben: Design Thinking, Lean Start-up Vorgehen oder Geschäftsmodell-Innovierung. Der Vertrieb als Schnittstelle zum Kunden bekommt dadurch eine andere Wertigkeit, wenn es um Innovation geht. 

Doch was benötigt ein Mitarbeiter im Vertrieb heute? Welche digitalen Kompetenzen, Kenntnisse und Fähigkeiten sind von Vorteil?

Neben dem allgemeinen digitalen Mindset, das von Offenheit gegenüber der Digitalisierung und dem damit einher gehenden schnellen Wandel geprägt ist, möchte ich nachfolgend einige Kompetenzen gesondert einbringen: 

  • Gezielter Umgang mit Kommunikations- und Informationsplattformen inkl. der sozialen Medien: nicht nur innerhalb der Organisation – auch nach außen in der Kommunikation mit den Kunden gilt es, fit zu sein bzgl. der Nutzung der verschiedenen Kommunikationsplattformen und -technologien. Social Media erlaubt komplett neue Wege der Kundenansprache und -information. 
  • Analytische Fähigkeiten zur Datenauswertung: Das neue Rohmaterial sind die generierten Daten z.B. gewonnen aus dem Kundennutzungsverhalten der Services. Diese gilt es entsprechend zielgerichtet auszuwerten und Rückschlüsse zu ziehen. Dazu ein Beispiel von CEWE Fotoprint: Aufgrund der Nutzung der CEWE-Plattform durch die Kunden, weiß CEWE, wann die Anwender dazu Zeit finden. Dementsprechend werden die Werbezeiten so geplant, dass diese vorher z.B. im Fernsehen laufen. 
  • Beziehungspflege und -tiefe zum Kunden: Die Kunden können sich heutzutage aufgrund der gegebenen Transparenz bereits alle Informationen vor einem Gespräch besorgen bzw. können die Inhalte aus den Gesprächen entsprechend validieren. D.h., der ursprüngliche Informationsvorsprung durch den Hersteller ist nicht mehr durchgängig gegeben. Damit kommt der Pflege und Tiefe der Kundenbeziehung eine größere Rolle zu – und das ebenfalls auf diversen digitalen Kanälen mit einer individuellen Ansprache. Dazu können auch digitale Bots in der Kundenansprache hilfreich sein, um die Spreu vom Weizen zu trennen. 
  • Ständiges Lernen und Innovieren: Die Digitalisierung gibt einem die Möglichkeit als auch die Pflicht sich ständig Neues anzueignen: Neue Plattformen, neue Funktionen im Detail, neue Geschäftsmodelle, neue Bezahlungsmöglichkeiten etc. Das bedeutet, als Mitarbeiter im Vertrieb das eigene Lernen voranzutreiben. Daneben gilt es ebenso das Prinzip des try & errors zu etablieren, den vor allem Start-ups sich zu eigen gemacht haben: lieber Services früh mit Kunden ausprobieren und deren Feedback aufnehmen, was auch eventuell zu einem frühen Scheitern führt, als an einer Idee zu lange festzuhalten. Dies ist im Vertrieb für neue Produkte und Services der Schlüssel zum Erfolg und birgt die Chance auf Innovation. 

Wie unterstützt die Digitalisierung den Mitarbeiter im Vertrieb? Welche Chancen gibt es? 

Doch neben den notwendigen Kompetenzen gibt es auch viele Chancen für den Vertrieb, wenn die Digitalisierung nicht nur als ein einmaliger Aufwand gesehen wird, sondern als Hilfsmittel sich selbst und sein Geschäftsmodell immer wieder zu hinterfragen, und damit zu optimieren bzw. auch disruptiv zu innovieren. Denn der Vertrieb ist der erste Ansprechpartner im Unternehmen, wenn es darum geht, zu hören und zu wissen, was denn der Kunde möchte. 

Im Gegenzug dazu werden die Vertriebler durch die Digitalisierung vermehrt unterstützt in ihren Arbeitsweisen: 

  • Durch technische Arbeitsmittel wird die Mobilität und vernetzten Arbeiten unterstützt. Dies erlaubt ortsunabhängig in virtuellen Teams zusammen zu arbeiten ohne jegliche Qualitätsverluste. 
  • Durch die digitalen Mittel zur Datenauswertungen unter anderem auch im Bereich des Social Media werden gezielter potentielle Kunden angesprochen als auch bestehende Kunden zielgerichtet informiert – auf allen Kanälen. 
  • Die gegebene Transparenz erlaubt es, einfacher und gezielter auf Personen zuzugehen: Als Beispiel dazu die Möglichkeit Erstkontakte über Plattformen wie Xing oder LinkedIn zu knüpfen. 
  • Die erschwinglichen Technologien und deren einfache Nutzung erlauben eine globale Präsenz innerhalb kürzester Zeit. Zum Beispiel kann schnell ein Account in Facebook für den Vertrieb von Dienstleistungen erstellen und damit öffentlich zugänglich machen – inkl. möglicher Zahlungsplattformen. Damit lassen sich schnell erste Erfahrungen und Erkenntnisse sammeln, die hilfreich für den weiteren Verkauf sind. 

Was ist bei der Digitalisierung zu beachten? 

Aus Sicht des Vertriebs bieten viele Aspekte der Digitalisierung eine Chance, um interaktiver mit den Kunden in Kontakt zu treten und die Kundenbeziehung zu festigen. Damit die Potentiale auch gesehen werden, ist es wichtig anzuerkennen, dass Digitalisierung als neuer begleitender Prozess zu gestalten ist, der (immer wieder) bestehende Geschäftsmodelle in Frage stellt und Raum für Erkenntnisgewinne lässt.